Mythos Dichtigkeit der Karosserie
Zur Problematik der Dichtigkeit von Fahrzeugen und der fehlerhaften Bewertung durch gerichtliche Gutachter

Eigentlich logisch, oder? Man muss nur mal an der Ampel stehen und schon riecht man die Abgase des Vordermanns. Weder der Rohbau noch die montierte Karosserie gewährleisten einen Schutz gegen gasförmige Substanzen oder kontaminierte Feinstäube.
In gerichtlichen Auseinandersetzungen rund um Brandverunreinigungen an Kraftfahrzeugen ist immer wieder festzustellen, dass grundlegende physikalische und technische Zusammenhänge gravierend verkannt werden. Insbesondere die Frage der sogenannten “Dichtigkeit” eines Fahrzeugs wird häufig falsch eingeschätzt – nicht selten durch Sachverständige, die weder praktische Erfahrung mit Brandfahrzeugen besitzen noch fundierte Kenntnisse der Fahrzeugtechnik aufweisen.
Immer wieder werden hierzu Chemiker oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige herangezogen, deren Expertise weder die technischen Gegebenheiten moderner Fahrzeugkonstruktionen noch die tatsächlichen Verläufe einer Rauchgaskontamination sinnvoll beurteilen kann. In zahlreichen Verfahren erleben wir, dass diese Gutachter zusammen mit Richtern, oft auf erschreckend spekulativem und beinahe “kneipenhaftem” Niveau, über die Mechanismen einer Kontamination mutmaßen – ohne jede reale Grundlage.
Eine weit verbreitete, aber technisch falsche Annahme ist, die Rauchgasverunreinigung erfolge primär über Lüftungsanlagen. Dabei wird übersehen, dass gerade dort serienmäßig sogenannte Pollenfilter verbaut sind, die darauf ausgelegt sind, Partikel (wie Staub oder Blütenpollen) abzufangen. Diese Filter bieten jedoch keinerlei Schutz gegen gasförmige Substanzen, insbesondere nicht gegen toxische Rauchgase, die bei Bränden entstehen. Diese Gase passieren die Lüftungssysteme nahezu ungehindert und dringen tief in den Fahrzeuginnenraum ein.
Entscheidend ist hierbei, dass der sichtbare Ruß bei der Betrachtung der Kontamination in Wirklichkeit eine untergeordnete Rolle spielt. Maßgeblich sind die Rauchgase, deren Bestandteile – insbesondere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und andere toxische Verbindungen – sich an Oberflächen, Dämmmaterialien und Polster binden. Diese Schadstoffe werden über lange Zeiträume hinweg wieder an die Innenraumluft abgegeben und stellen ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar.
Darüber hinaus sind Fahrzeuge per se nicht dicht. Weder der Rohbau noch die montierte Karosserie gewährleisten einen Schutz gegen gasförmige Substanzen oder kontaminierte Feinstäube. Über zwingend vorhandene Zwangsentlüftungseinrichtungen (z.B. in der Kofferraumregion oder hinter Verkleidungen) sowie über zahlreiche Konstruktionsöffnungen und Spaltmaße erfolgt ein unkontrollierter Eintrag dieser Stoffe.
Unter sämtlichen Innenraumverkleidungen, in Hohlräumen, Dämmstoffen und sogar an Flächen, die der Sichtkontrolle nicht ohne Weiteres zugänglich sind, lagern sich diese Schadstoffe ab. Dabei sind selbst die besten Serienfahrzeuge nicht einmal vollständig gegen Spritzwasser geschützt – geschweige denn gegen das Eindringen von gasförmigen Brandprodukten. Diese Zusammenhänge sind in der aktuellen Fachliteratur eindeutig beschrieben.1, 2, 3
Ein besonders irritierendes Beispiel jüngerer Zeit war ein gerichtliches Verfahren, in dem ein Meteorologe (!) einem erfahrenen Karosseriebauer zu erklären versuchte, wie Zwangsentlüftungssysteme in Fahrzeugkarosserien angeblich funktionierten – ein Vorgang, der exemplarisch die Tiefe des technischen Unverständnisses bei den beteiligten „Sachverständigen“ offenbart.
Fazit
Die reale technische Beschaffenheit eines Fahrzeugs hinsichtlich Dichtigkeit und Kontaminationsanfälligkeit wird in vielen gerichtlichen Auseinandersetzungen systematisch verkannt oder ignoriert. Dies führt zu falschen Gutachten, Fehlentscheidungen und letztlich zu einer Verkennung der tatsächlichen Gesundheits- und Sachschäden. Eine sachgerechte Würdigung solcher Schadensbilder erfordert zwingend Kenntnisse im Bereich Karosserie- und Fahrzeugtechnik – nicht jedoch spekulative Überlegungen fachfremder Gutachter.
Warum man immer wieder darauf verzichtet bei Gerichtsverfahren echte Brandsachverständige zu berufen, erstaunt immer wieder.
Selbst wenn diese sich klar dazu bekennen, nie auch nur ein Grundlagen Seminar zum Brandsachverständigen besucht zu haben, führt das nicht zu einer Berufung eines Sachverständigen der sich mit dem Thema auskennt. Es geht sogar noch weiter!
Selbst wenn diese Sachverständigen nie ein Brandschadensfall abgewickelt haben, sogar gestehen das Sie eine Kontamination nicht ausschließen können, führt das nicht zu einer Veränderung im Gerichtsverfahren. Es wird einfach weiter auf Stammtisch Niveau spekuliert.
Ganz schlimm wird es dann, wenn eine sogenannte Wischprobe im Spiel ist. Da nimmt dann der Richter automatisch an das Fahrzeug wurde gemessen und verkennt vollkommen, das es sich hier um ein Betrugsverfahren handelt, welches überhaupt nicht in der Lage ist, eine Kontamination des Fahrgastraums nachzuweisen. Daran ändert auch nichts das alle Informationen des sog. Wischproben Hoax frei verfügbar sind. Siehe dazu auch die Seite »Das Dilemma der Gerichtsbarkeit – Ein Systemfehler!«
Quellenangaben
- GAS – Kein unmöglicher Auftrag: Innovationen in der Fahrzeugsanierung, 2008.
- W. von Mertens – Fahrzeugsicherheit und Karosseriebau: Dichtheit und Schutzkonzepte, Springer Vieweg, 2018.
- G. Reinhardt – Brandrauch und Kontamination – Auswirkungen auf Bau- und Fahrzeugmaterialien, Fraunhofer IRB Verlag, 2016.
Teilen ausdrücklich erwünscht
Hintergrundbild von Hermann Kollinger auf Pixabay
Über uns
Wir sind ein Institut für Forschung und Entwicklung von Sanierungsformen zur Beseitigung von Emissionsschäden an Kfz und Lkw.
Die Entwicklung unseres Unternehmens geht zurück auf Greg's Autopflege Service, der im Jahre 1984 gegründet wurde!
Sie finden uns auf …
Dienstleistungen
Fotodokumentation
Unsere Empfehlung
Kontakt
Unser Büro ist von 10 - 18 Uhr von Montags bis Freitags besetzt.
GAS Technologiezentrum
Brandsanierung von Kfz & LKW
Entfernung von Industrieverschmutzungen
Inh. Gregor Retkowski
Schmerlecker Dorf 21, 59597 Erwitte
Deutschland / Germany / Allemagne
+49 (0) 2945 - 20275 00
+49 (0) 2945 - 20275 01
+49 (0) 172 - 5374294